Bidirektionales Laden
E-Mobilität und Energiewende

So funktioniert bidirektionales Laden mit E-Autos

Bidirektionales Laden hat das Potenzial, das grüne Stromnetz stabiler zu gestalten, indem E-Autos als vorübergehende Stromspeicher genutzt werden, die im Fall von Netzschwankungen oder Energiespitzen die gespeicherte Energie wieder ins Stromnetz zurückführen und nutzbar machen. Dafür braucht es allerdings bestimmte technische Voraussetzungen.

Durch die Umstellung von konventionellen Energieträgern zu erneuerbaren Energien wie Solar-, Wind- und Wasserkraft wird die Möglichkeit zur Stromspeicherung in Zukunft besonders wichtig. Entsprechende Speicher können beispielsweise an sonnenreichen Tagen Solarstrom aufnehmen und nachts bzw. an Tagen mit wenig Sonne wieder ins Netz einspeisen, um den Bedarf zu decken. Dazu braucht es aber nicht unbedingt nur große zentrale Energiespeicher. Elektroautos, die bidirektionales Laden unterstützen, können als vorübergehende Speicherplätze genutzt werden.

Wie funktioniert bidirektionales Laden?

Bidirektionales Laden ermöglicht den Energieaustausch in zwei Richtungen. Der Strom kann also nicht nur in die E-Autobatterie fließen, sondern über die Wallbox auch wieder zurück in den jeweiligen Haushalt oder ins Netz. Beim Laden des E-Autos wird der Wechselstrom aus dem Stromnetz in Gleichstrom umgewandelt, da Elektroautos nur mit Gleichstrom fahren. Soll der Strom zurück ins Netz gespeist werden, muss er erneut in Wechselstrom umgewandelt werden. Das passiert durch einen Wechsler entweder direkt im Auto oder in der Wallbox.

Infografik, die das bidirektionale Laden erklärt

Beim bidirektionalen Laden eines Elektroautos wird der Wechselstrom (AC) aus dem Stromnetz durch das Ladegerät oder durch einen speziellen Wandler im Auto in Gleichstrom (DC) umgewandelt. Wenn der im E-Auto gespeicherte Strom wieder im Haus verwendet oder ins Stromnetz zurückgeladen werden soll, kann ein bidirektionales Ladegerät ihn von Gleichstrom wieder zurück in Wechselstrom umwandeln.

Ist bidirektionales Laden in Deutschland etabliert?

E-Auto-Fahrer, die ihren Wagen zugleich als Batteriespeicher nutzen, zählen hierzulande zu den Pionieren. Ihre Zahl ist nicht erfasst. Um bidirektionales Laden zum Serieneinsatz zu bringen, braucht es jedoch neben weiterer Forschung vor allem regulatorische Voraussetzungen.

Darum entwickelten die Internationale Organisation für Normung (ISO) und die Internationale Elektrotechnische Kommission (IEC) den ISO 15118 Standard und verantworten dessen Weiterentwicklung ISO 15118.20. Diese Schnittstelle regelt die Kommunikation zwischen Fahrzeug und Ladestation. So soll unter anderem der Ladevorgang nach dem „Plug & Charge“-Prinzip so einfach und komfortabel wie möglich gelingen, ohne App oder RFID-Karte zum Autorisieren. Das Fahrzeug identifiziert und autorisiert sich automatisch an der Ladesäule, die dann den Ladevorgang startet. Die Abrechnung läuft im Hintergrund ab. Die ISO 15118 gewährleistet dabei durch Verschlüsselungsverfahren und Sicherheitszertifikate, dass die Kommunikation zwischen Fahrzeug und Ladesäule und die hinterlegten Vertragsdaten der Nutzenden geschützt sind. 

enercity führt bereits seit 2015 Praxistests durch, die das Potenzial von E-Autos als mobile Stromspeicher verifizieren. Mit intelligenten Ladeboxen unterstützen wir unsere Kunden schon heute, ihren Strom so effizient wie möglich zu entnehmen – nämlich zu Zeiten von Energiespitzen, die automatisch als solche erkannt werden.

Kann jede Wallbox bidirektionales Laden?

Nur so genannte DC-Wallboxen, die über einen Gleichstromanschluss verfügen, kommen bisher für das bidirektionale Laden in Frage. Voraussetzung dafür, dass bidirektionales Laden zukünftig sowohl DC- als auch AC-seitig möglich wird, ist die flächendeckende Implementierung von Smart Meter Gateways, den intelligenten Messsystemen, und des Kommunikationsstandards ISO 15118.20.

Ladestationen, die bidirektionales Laden unterstützen, gibt es Stand Dezember 2022 nur von wenigen Herstellern. Unsere Auswahl stellt keine Bewertung dar, sondern aufzeigen, welche Anbieter das Thema bereits intensiv verfolgen.

  • Quasar von Wallbox
  • Two-way-digital von Sun2wheel
  • sospeso&charge von Evtec

 

Darüber hinaus hat auch VW eine DC-BiDi-Wallbox in der Testphase, über die Kommunikation und Stromtransfer erfolgen werden. So werden laut Konzern in Kürze alle ID-Modelle mit einer 77 kWh Batterie in der Lage sein, Strom auch wieder abgeben zu können. Bereits ausgelieferte Fahrzeuge sollen ein Over the Air-Update erhalten.

Wie lässt sich bidirektionales Laden anwenden?

Es gibt unterschiedliche Anwendungsmöglichkeiten für bidirektionales Laden mit Elektroautos:

  • Die Vehicle to Grid (V2G)-Technologie verbindet die elektrischen Fahrzeuge mit dem Smart Grid, dem intelligenten Stromnetz. Wird das Auto für längere Zeit nicht genutzt, kann die Stehzeit dazu genutzt werden, den dezentral gespeicherten Strom abzugeben und so das Netz zu stabilisieren. Zukünftig könnten E-Autofahrer sogar dafür bezahlt werden, dass sie ihr Fahrzeug als Energiespeicher zur Verfügung stellen. Damit würden die Haltungskosten für E-Autos weiter sinken.
  • Beim Vehicle to Home (V2H)-Prinzip wird der abgegebene Strom nicht öffentlich, sondern privat im eigenen Haus genutzt, um den Eigenbedarf zu decken – falls nötig sogar für mehrere Tage. Ein Rechenbeispiel: Laut Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) liegt der Tagesbedarf einer vierköpfigen Familie durchschnittlich bei 11 Kilowatt. Ein Elektroauto mit einer Batteriekapazität von 50 Kilowattstunden könnte den Energiebedarf für circa vier Tage abdecken.

 

Welche E-Autos lassen sich als Stromspeicher nutzen?

Um diese Technologie anwenden zu können, werden eine bidirektionale Wallbox und ein Elektroauto benötigt, das das Laden in beide Richtungen unterstützt.

 

Bidirektionales Laden – diese Modelle können es bereits:

  • Polestar 3
  • Nissan Leaf
  • Nissan e NV-200
  • VW ID.5
  • VW ID. Buzz
  • Honda e
  • KIA EV6
  • Hyundai Ioniq 5
  • MG 5

Seit 2022 sind mehrere E-Autos auf dem Markt, die mit dem in Deutschland und Europa etablierten Standard-CCS-Stecker bidirektional laden können – zum Beispiel der Honda e, Hyundai Ioniq 5 und KAI EV6. Vorher funktionierte bidirektionales Laden nur über einen CHAdeMO-Stecker. Das japanische Schnellladesystem ermöglichte vor der neueren CCS-Lösung als einziges System die Datenkommunikation zwischen Ladeinfrastruktur und E-Auto, indem es Befehle, wann dem Auto Energie entzogen bzw. „geliefert“ werden soll, sendete.

Eine E-Tankstelle im eigenen Zuhause?

Die myenergi-Ladebox von enercity weiß, wann überschüssige Energie produziert wird und nutzt diese optimal zum Laden des E-Autos. Außerdem lässt sie sich an jede Photovoltaikanlage anbinden und nutzt so 100 Prozent klimaneutralen Ökostrom.

Artikel vom 17.03.2022, zuletzt aktualisiert am 02.03.2023.

2. März 2023
Erneuerbare Energien
Elektromobilität
Smart City

Text: Annika Schmitz. Fotos: Shutterstock.

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